Do, 19.10.2023 , 11:44 Uhr

Baden-Württemberg: Essen im Knast - Weniger Fleisch und Wurst, dafür Nüsse und Gemüse

Wer im Gefängnis sitzt ist auch eingeschränkt, was das Essen anbetrifft. Viel Auswahl gibt es nicht, dafür aber viele Vorschriften.

Stuttgart. Strafgefangene in Gefängnissen in Baden-Württemberg werden je nach ihrer Beschäftigung verpflegt. Grundlage dafür sind Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) über die Nährstoffzufuhr. Seit 2018 gibt es mehr Obst, Salat und Gemüse, dafür aber weniger Fleisch und Wurst, wie eine Antwort des Justizministeriums in Stuttgart auf eine Anfrage der CDU-Fraktion ergab. Für Gefangene, die religiösen Speisegeboten unterliegen, gilt «Normalkost ohne Schwein».

Bei überwiegend sitzender Tätigkeit mit wenig oder keinen Freizeitaktivitäten erhalten männliche Gefangene im Alter von 25 bis unter 51 Jahren 2300 Kalorien am Tag (Frauen: 1800). Im Vergleich zu vorher haben sich die Mengen bei Brot (50 Gramm weniger pro Tag), Milch (50 Gramm weniger pro Tag), Kartoffeln und Teigwaren (50 Gramm weniger pro Tag), Fleisch und Wurstwaren (100 Gramm weniger pro Woche) und bei Margarine (10 Gramm weniger pro Tag) geändert. Allerdings werden nun zusätzlich 70 Gramm Nüsse pro Woche empfohlen.

Die Bedürfnisse von beschäftigten Gefangenen werden separat berücksichtigt. Gefangene, die arbeiten, einer arbeitstherapeutischen Beschäftigung nachgehen oder an einer Maßnahme der schulischen oder beruflichen Ausbildung und Weiterbildung teilnehmen, können zusätzlich zur Normalkost ein zweites Frühstück – Arbeitsfrühstück genannt – erhalten, wenn sie dies wünschen. Dieses soll einen durchschnittlichen Energiegehalt von 500 Kalorien aufweisen und mindestens zur Hälfte Kohlenhydrate enthalten.

Eine Reduzierung des Energiegehalts des Arbeitsfrühstücks oder dessen Abschaffung wurde entgegen der Empfehlung der DGE nicht in der Verpflegungsordnung umgesetzt. «Nach der dargestellten bereits erfolgten Reduzierung des Energiegehalts der täglichen Normalkost wäre dies den Gefangenen nicht vermittelbar gewesen, so dass Störungen der Sicherheit und Ordnung zu befürchten gewesen wären», hieß es in der Stellungnahme des Justizministeriums.

Gefangene, die täglich mehr als acht Stunden arbeiten oder «schwerste körperliche Arbeit» leisten, könnten über das Arbeitsfrühstück hinaus eine Zulage erhalten, wenn sie dies wünschten. Die Zulage könne entweder in einer Vermehrung der normalen Mittagskost um durchschnittlich die Hälfte (einschließlich Fleisch) oder in einem weiteren Vesper am Nachmittag bestehen.

«Die Bewertung, ob es sich bei der durch den Gefangenen ausgeübten Tätigkeit um „schwerste körperliche“ Arbeit handelt, nimmt jede Anstalt vor Ort und für sich vor», sagte ein Sprecher des Justizministeriums. Es sei davon auszugehen, dass vorwiegend Tätigkeiten in den Eigenbetrieben – wie beispielsweise in Metallbearbeitungen, Schlossereien, Bauabteilungen oder in der Landwirtschaft – die Voraussetzungen für eine entsprechende Einstufung erfüllen könnten. Das Justizministerium machte darauf aufmerksam, dass der Begriff «schwerste körperliche Arbeit» aus der Verwaltungsvorschrift über die Verpflegung der Gefangenen stammt.

Außerdem können Anstaltsleiter auf Vorschlag von Anstaltsärzten bestimmten Gefangenen unabhängig vom Arbeitsfrühstück zusätzliches Essen anbieten. Dies betreffe Jugendliche und Heranwachsende. Oder auch Gefangene, die wegen überdurchschnittlicher Körperlänge oder aus sonstigen Gründen einen höheren Energieverbrauch hätten. «Bei individuell höherem Energieverbrauch von Gefangenen kann damit eine Unterversorgung ausgeschlossen werden», lautet es in der Antwort.

Am vergangenen Sonntag erhielten die Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt Heimsheim Schweineschnitzel natur, Bratensoße, Jerelli-Nudeln und Karottenscheiben. Wer es vegetarisch mag, konnte Gemüseschnitzel, vegetarische Soße, Jerelli-Nudeln und Karottenscheiben essen.

Laut Justizministerium lag die Zahl der beschäftigten Gefangenen in den Anstalten bei durchschnittlich 4044 im ersten Halbjahr 2023. In Baden-Württemberg gibt es 17 Justizvollzugsanstalten mit 18 Außenstellen, ein Justizvollzugskrankenhaus sowie eine Sozialtherapeutische Anstalt. (dpa)

baden-württemberg gefängnis
Zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

09.02.2024 Baden-Württemberg: Computer in Gefängniszellen - Land bereitet Pilotprojekt vor Ohne Apps und Computer geht im Alltag für viele heute nichts mehr. In Gefängnissen leben die Häftlinge aber oft an der digitalen Welt vorbei. Ein Pilotprojekt soll das ändern. Stuttgart. Häftlinge in Baden-Württemberg sollen künftig in ihren Gefängniszellen im Internet surfen können. Die Vorbereitungen für ein entsprechendes Pilotprojekt laufen. «Derzeit wird die Ausschreibung vorbereitet und 12.04.2024 Baden-Württemberg: Haftbefehl gegen 16-Jährigen wegen Terrorverdachts Er ist erst 16 Jahre alt und soll an der Planung eines Terroranschlags beteiligt gewesen sein. Nun sitzt er in U-Haft. Stuttgart. Ein 16-Jähriger aus Baden-Württemberg sitzt wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft. Er wurde bereits am 1. April festgenommen, wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart am Freitag mitteilte. Gegen ihn werde wegen Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden 08.04.2024 Baden-Württemberg: Gewaltkriminalität im Südwesten steigt auf Zehnjahreshoch Gewalt im öffentlichen Raum macht Angst und prägt eine Gesellschaft. In Baden-Württemberg ist die Zahl der Delikte so hoch wie sehr lange nicht mehr. Stuttgart. Die Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum in Baden-Württemberg ist zuletzt enorm gewachsen. Die Zahl der Delikte in dem Bereich stieg im vergangenen Jahr um 12,3 Prozent auf 10 101 Fälle, wie 02.04.2024 Baden-Württemberg: Amtsgerichte werden gestärkt - Streitwertgrenze steigt auf 8000 Euro Die Eingangszahlen bei Amtsgerichten gehen zurück. Juristische Streitigkeiten unter Nachbarn sollen dort konzentriert werden. Zum ersten Mal seit 30 Jahren soll die Streitwertgrenze angehoben werden. Stuttgart. Die Streitwertgrenze an den deutschen Amtsgerichten soll von bisher 5000 auf künftig 8000 Euro steigen. Dies sieht ein vor wenigen Wochen vorgelegter Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vor, der auch auf