Mo., 21.08.2023 , 08:22 Uhr

Baden-Württemberg: Gemeindetag fürchtet zu wenige Kandidaten für Kommunalwahlen

Hasskommentare, Pöbeleien und sogar Schläge: Immer häufiger werden Kommunalpolitiker Opfer von Gewalt. Der Gemeindetag nimmt eine Veränderung wahr und fürchtet, dass sich das auch auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr auswirken könnte.

Stuttgart. Anfeindungen gegen Kommunalpolitiker in den sozialen Medien könnten nach Einschätzung des Gemeindetags viele davon abhalten, im kommenden Jahr für Gemeinde- und Stadtratswahlen zu kandidieren. «Ich weiß natürlich, dass es immer schwieriger wird, diese Listen zu besetzen, weil leider auch auf der kommunalen Ebene ein Mandat sehr schnell öffentlich wird – und auch über die sozialen Medien kommentiert wird», sagte Verbandspräsident Steffen Jäger der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Im kommenden Jahr wird bei den Kommunalwahlen über die Gemeinderäte und Ortschaftsräte in den 1101 Städten und Gemeinden des Lands ebenso abgestimmt wie über die Mitglieder der Kreistage in den 35 Landkreisen und der Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart. Die Wahl findet gemeinsam mit der Europawahl am 9. Mai 2024 statt.

Jäger beklagt zudem eine sinkende Wertschätzung von Menschen, die sich als Gemeinde- oder Stadträte engagieren. «Der Respekt gegenüber Menschen, die Verantwortung tragen, nimmt leider ab», sagte er. Das sei keine gute Entwicklung. «Wir sind in einer repräsentativen Demokratie darauf angewiesen, dass es Menschen gibt, die bereit sind, in ihrer Freizeit und in aller Regel nicht für Millionen-Entschädigungen, ihre Kraft und ihre Zeit für das Gelingen des Allgemeinwohls einzubringen.»

Gemeinde- und Stadträte sind immer häufiger mit Gewalt konfrontiert. Im vergangenen Jahr hatten die Angriffe auf Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg einen neuen Höchststand erreicht. Wie das Innenministerium im Juni mitgeteilt hatte, wurden im vergangenen Jahr 1195 Beschäftigte Opfer von Gewalt. Dazu zählen laut Ministerium etwa Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern, Jobcentern oder Bürgerämtern sowie kommunale Mandatsträger, also Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder Gemeinderäte. Im Jahr 2021 waren 1041 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes Opfer von Gewalt geworden.

Bei der nächsten Kommunalwahl müssen Bewerberinnen und Bewerber für die Gremien deswegen nicht mehr ihre volle Anschrift auf dem Stimmzettel angeben. Das Innenministerium hatte dazu kürzlich die Kommunalwahlordnung entsprechend geändert. Statt der vollständigen Adresse wird bei Bürgermeisterwahlen demnach nur noch der Wohnort angeben. Bei Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen werde zusätzlich der Ortsteil angegeben, da dies für die Wählerinnen und Wähler ein maßgebliches Entscheidungskriterium darstellen könne. Innenminister Thomas Strobl (CDU) begründete die Änderung mit immer häufigeren Angriffen auf Kommunalpolitiker.

Jäger begrüßte die Änderung. «Sie kann dazu beitragen, Kandidatinnen und Kandidaten sowohl im Haupt- und Ehrenamt ein Stück weit mehr zu schützen», sagte der Gemeindetagspräsident. Er sei optimistisch, dass sich «gute und hinreichend viele Personen finden, die für das Allgemeinwohl in ihrem Wohnort eintreten möchten». (dpa)

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