So, 31.07.2022 , 09:00 Uhr

Baden-Württemberg: «Möchte das nicht» - Schopper gegen Schulschließung wegen Gasmangels

Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper will Schulschließungen wegen Gasmangels oder Corona im Winter unter allen Umständen vermeiden. Die Grünen-Politikerin sagte im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart: «Der Lebensraum Schule ist für unsere Kinder und Jugendlichen unendlich wichtig, das hat Corona gezeigt. Deshalb würde ich auch bei einer Gasmangellage nicht mein Okay für Schulschließungen geben.» Zuletzt hatte die Ministerin schon klargestellt, wegen der Pandemie dürften Schulschließungen nicht mehr vorkommen.

Kritische Infrastruktur? Schopper verweist auf Gipfelbeschluss

Schopper geht davon aus, dass es im Südwesten auch keine Handhabe mehr gibt, bei einer Energiekrise Schulen zu schließen. Zwar gehörten «nach der reinen Lehre» Schulen und Kindergärten nicht zur kritischen Infrastruktur, die auch in einer Notlage weiter betrieben werden muss. Aber: «Wir haben beim Gasgipfel festgehalten, dass Schulen und Kindergärten zur kritischen Infrastruktur dazugezählt werden», sagte die Ministerin mit Blick auf das Krisentreffen der Landesregierung am vergangenen Montag.

Schopper betonte die Bedeutung von Schule und Betreuung für das Funktionieren der Gesellschaft. «Wenn Kinder nicht in der Schule sind, wenn Kinder nicht im Kindergarten betreut werden, dann hat man das Problem, dass Eltern nicht zur Arbeit gehen können.» Aber auch so seien Schulen und Kindergärten «eine kritische, weil eminent wichtige Infrastruktur per se». Dort seien Kinder zusammen, lernten wichtige Inhalte und erlebten etwas, was für die soziale Entwicklung unglaublich wichtig sei.

Experten: Corona-Lockdown führt zu vielen Störungen bei Kindern

Die Ministerin stellte klar, Schulschließungen wie im Corona-Lockdown dürften sich nicht wiederholen. «Kinder- und Jugendpsychiater und Kinder- und Jugendärzte haben uns noch mal drastisch vor Augen geführt, was für einen hohen Anteil an essgestörten Jugendlichen wir haben, an Suizidgefährdeten und an psychischen Störungen.» Es sei völlig klar, woran das liege: «Ursache ist, dass viele Kinder und Jugendliche plötzlich während Corona das Gefühl hatten, weil die Schule als Institution fehlt, dass sie alleine sind und das Leben ein stückweit aus der Bahn geraten ist.»

Schopper zu Schulschließungen: «Ich möchte das nicht.»

Schopper sagte aber auch, es gebe Schulen, die Fernunterricht gut könnten. «Ich kann es mir unter bestimmten Bedingungen vorstellen, zum Beispiel in den Berufsschulklassen, dass man dort den Schulunterricht im Onlinemodus machen kann. Aber auch für die schon älteren Schülerinnen und Schüler ist es wichtig, dass sie als Berufsschulklasse zusammenkommen.» Die Ministerin ergänzte: «Ich sehe für Schüler in den Grundschulen, aber auch in der Sekundarstufe eins und auch in den Oberstufen, die ja für die Abschlüsse vorbereiten, keinerlei Spielraum für Schulschließungen.» Schopper versicherte: «Ich bin bei der Frage der Schulschließungen ganz klar: Ich möchte das nicht.»

Auch Turnhallen sollen offen bleiben

In der Frage, ob bei Energie-Knappheit Turnhallen geschlossen werden könnten, zeigte sich die Ministerin ebenfalls ablehnend. «Wir wissen, dass die Kinder im Schnitt in Corona dicker geworden sind. Mangelnde Bewegung hat natürlich auch etwas damit zu tun.» Schopper erklärte:  «Es ist so, dass Sport immens wichtig ist, auch als Ausgleich für die Kinder. Auch daher war es ein dringendes Anliegen der Experten aus Schule und Medizin, den Sportunterricht nicht mehr einzuschränken.» Turnhallen brauchen wegen ihrer Größe und Höhe viel Energie zum Heizen.

Stoßlüften ist auch diesen Winter das Gebot der Stunde

Gleichwohl müsse auch in Schulen darauf geachtet werden, sparsam mit Energie umzugehen. «Es dürfen in den Schulen natürlich nicht die Heizkörper dampfen, während ansonsten überall die Wolldecke liegt», sagte Schopper. Hinzu komme, dass die Pandemie nicht vorbei sei. «Wir werden auch weiterhin Corona im nächsten Jahr an den Schulen haben und Corona bedeutet auch, dass man wieder stoßlüften muss. Man sollte stoßlüften, das ist der Punkt, das sagen die Experten. Und nicht heizen und generell die Fenster immer offen haben oder auf Kipp stellen.»

Frieren in der Schule? T-Shirt und Pulli ja, Heizdecke nein

Die Kultusministerin geht aber nicht davon aus, dass Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte im Winter in der Schule frieren müssen. «Wenn wir einen Winter haben, wo es richtig knackig kalt ist, und in den Räumen ist es 18 Grad, kann ich nicht kurzärmlig mit dem T-Shirt in die Schule kommen. Da ist ein Pulli und ein T-Shirt drunter sicherlich nicht die verkehrte Wahl.» Derzeit liegt die offizielle Untergrenze noch bei 20 Grad, doch es sei absehbar, dass diese wegen der drohenden Gasmangel-Lage noch gesenkt werde. Schopper sieht trotzdem keinen Grund zur Sorge: «Aber ob man jetzt die Heizdecke schon mitbringen muss, das glaube ich nicht.»

baden-württemberg Corona Gas Mängel Schließungen schule
Zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

18.04.2024 Baden-Württemberg: Haushaltspolitik in der Pandemie war laut Gutachten teils rechtswidrig Die Ampelregierung hatte ordentlich Ärger wegen der rechtswidrigen Verwendung von Corona-Krediten. Nun bestätigt ein Gutachten: Auch mit der Schuldenpolitik im Südwesten war nicht alles in Ordnung. Stuttgart. Die Haushaltspraxis des Landes in der Corona-Zeit war einem neuen Gutachten zufolge in Teilen nicht zulässig. Das teilte das Finanzministerium am Donnerstag mit. Nach dem Ärger um die 12.03.2024 Baden-Württemberg: Diamanten, Immobilien, Autos - Land erbt 2,5 Millionen Euro Diamanten, Immobilien oder Autos: Wenn Erbschaften keinen Empfänger finden, fällt der Nachlass per Gesetz an den Staat. Im Südwesten ist die Zahl der Erbfälle zurzeit auf einem Höchststand. Baden-Württemberg. Das Land Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr von Bürgerinnen und Bürgern ohne Angehörige 2,5 Millionen Euro geerbt. Das Geld sei aus 990 sogenannten Fiskalerbschaften in die 11.03.2024 Baden-Württemberg: Uniklinik-Ärzte streiken auch in Heidelberg für mehr Geld und neue Schichtregelungen Patienten müssen sich am Montag auf längere Wartezeiten einstellen. Denn Uniklinik-Ärztinnen und Ärzte gehen erneut auf die Straße. Vier Städte im Südwesten sind betroffen. Kirchheim unter Teck. Wegen eines Ärzte-Warnstreiks müssen Patienten im Südwesten am Montag mit längeren Wartezeiten und Verschiebungen nicht dringender Operationen rechnen. Nach Worten eines Sprechers der Ärztegewerkschaft Marburger Bund werden mehrere 22.02.2024 Baden-Württemberg: Verdi will erneut Nahverkehr in großen Südwest-Städten lahmlegen Bereits in den vergangenen Tag gab es ÖPNV-Warnstreiks in verschiedenen Städten im Südwesten. Nun legt Verdi eine Schippe drauf – und kündigte weitere Ausstände an. Stuttgart. Pendler im Südwesten müssen sich in der kommenden Woche erneut auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Der 1. März werde auch in Baden-Württemberg ein Hauptstreiktag im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sein, teilte ein