Do., 26.10.2023 , 16:25 Uhr

Baden-Württemberg/Rheinland-Pfalz: Kampf gegen Verbreitung rechtsextremer Musik - Durchsuchungen und Festnahme

Im Kampf gegen die Produktion und Verbreitung von volksverhetzender rechtsextremer Musik hat die Polizei am Donnerstag auch in Rheinland-Pfalz Objekte durchsucht. „Seit 6 Uhr laufen Ermittlungen in der rechtsextremen Musikszene, auch in Rheinland-Pfalz“, teilte das rheinland-pfälzische Innenministerium auf Anfrage mit. Wo und wie viele Durchsuchungen im Bundesland stattfanden, war zunächst nicht bekannt. „Solche Verfassungsfeinde versuchen ihr Netz bundesweit zu spinnen“, sagte Innenminister Michael Ebling (SPD). „Dagegen gehen wir entschlossen vor. Maßnahmen wie die des heutigen Tages senden das ganz deutliche Signal, dass Rechtsextremismus bei uns nicht ohne Reaktion des Rechtsstaates bleibt.“ Ein 34 Jähriger aus Niedersachsen wurde auf Grundlage eines Untersuchungshaftbefehls festgenommen, wie die Generalstaatsanwaltschaft Celle und die Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg mitteilten. Demnach wurden bei den Durchsuchungen mehrere zehntausend CDs und Schallplatten, zahlreiche elektronische Kommunikationsmittel wie Smartphones und Notebooks, Speichermedien, ein fünfstelliger Bargeldbetrag sowie schriftliche Unterlagen sichergestellt. Der festgenommene 34-Jährige soll der mutmaßliche Rädelsführer sein. Weiteren elf Beschuldigten im Alter von 36 bis 59 Jahren werden unterschiedliche Tatbeiträge vorgeworfen. So sollen die Personen etwa für Grafikdesign, Tontechnik, Mediendruck, Koordination von Schallplattenpressungen bis hin zum Verkauf an Zwischenhändler und Endkunden verantwortlich sein. „Die Musik auf den Tonträgern enthält menschenverachtende, antisemitische sowie volksverhetzende Texte, die geeignet sind, rechtsextremistisches Gedankengut zu schüren, zu verfestigen und Gewaltaktionen zu provozieren“, hieß es in der Mitteilung. Die Zentrale Kriminalinspektion Oldenburg führt demnach seit mehreren Monaten unter der Sachleitung der Generalstaatsanwaltschaft Celle ein umfangreiches Verfahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Dabei geht es um die Produktion sowie den nationalen und teilweise auch internationalen Vertrieb von strafrechtlich relevanter, volksverhetzender rechtsextremer Musik. Die Tätergruppe ist demnach bundesweit aktiv. Die Mitglieder seien größtenteils der rechtsextremen Szene zuzuordnen, hieß es. Schwerpunkt des Einsatzes war Niedersachsen, dort wurden drei Objekte durchsucht. Daneben wurden weitere Liegenschaften in Hamburg, Berlin, Thüringen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und auf Mallorca durchsucht. Von den involvierten, unterstützenden Länderpolizeien waren dabei insgesamt fast 250 Einsatzkräfte beteiligt. Nach dpa-Informationen wurde im Norden Thüringens ein Objekt eines bekannten Neonazis durchsucht. Der Generalstaatsanwaltschaft Celle zufolge gab es auch auf der spanischen Insel Mallorca ein „Durchsuchungsobjekt“. Die spanische Nationalpolizei teilte dazu auf Anfrage mit, auf Mallorca habe es im Zusammenhang mit den Ermittlungen der deutschen Behörden eine Befragung gegeben. Festgenommen wurde demnach niemand, da kein Verdacht auf eine Straftat bestehe. Das Amtsgericht Celle ordnete gegen vier mutmaßliche Mitglieder der Kerngruppe Vermögensarreste in unterschiedlicher Höhe an. „Der vermutliche Erlös aus den Plattenverkäufen wird nach derzeitigem Stand der Ermittlungen auf 199 000.Euro geschätzt“, hieß es. Den Ermittlern sei es zu verdanken, die tief verzweigten Strukturen dieses rechten, hasserfüllten Netzwerks aufgedeckt und ihm nun einen empfindlichen Schlag versetzt zu haben, sagte der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme. „Hier wurde Musik statt zur Unterhaltung als politisches Instrument für menschenfeindliche Ideologien missbraucht.“ Er fügte hinzu: „Volksverhetzung gehört in keine Playlist und Hass darf sich nicht vermarkten.“ Der Leiter der Zentralstelle Terrorismusbekämpfung der Generalstaatsanwaltschaft Celle, der Leitende Oberstaatsanwalt Martin Appelbaum, verwies auf die große Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die von den volksverhetzenden, antisemitischen und ausländerfeindlichen Inhalten der Tonträger ausgehe: „Damit sollten gezielt junge Menschen angesprochen werden, auf die rechtsradikal-propagandistisch eingewirkt werden soll.“ Musik und Musikveranstaltungen haben nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz eine wichtige Bedeutung für die rechtsextremistische Szene. „Insbesondere die Teilnahme an rechtsextremistischen Musikveranstaltungen (unter anderem Konzerte, Liederabende) bietet jungen Szeneangehörigen ein identitätsstiftendes Gemeinschafts- und Stärkegefühl“, heißt es auf der Internetseite des Verfassungsschutzes. „Zugleich werden durch die Liedtexte rechtsextremistische Ansichten, Feindbilder und Ideologiefragmente verbreitet und gefestigt.“ Demnach ist die rechtsextremistische Musikszene trotz der schwierigen Bedingungen in den Corona-Jahren 2020 und 2021 weiter „agil und aktionsfähig“. Der Verfassungsschutz registrierte im Jahr 2022 bundesweit knapp 260 rechtsextremistische Musikveranstaltungen. Demnach wurden auch viele neue rechtsextremistische Tonträger veröffentlicht. (dpa/mj)

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