Do., 06.03.2025 , 09:28 Uhr

Mannheim: Wenn Augenzeugen mutig eingreifen

Ein aus Pakistan stammender Taxifahrer hat die Todesfahrt eines 40-Jährigen in Mannheim gestoppt. Wer in einer so gefährlichen Situation einschreitet, strebt oft nach sozialer Gerechtigkeit.

Augenzeugen, die wie der Taxifahrer aus Mannheim ein großes persönliches Risiko in Kauf nehmen, um Menschenleben zu retten, sind oft besonders empathische Menschen. In gefährlichen Situationen könne durch das Beobachten von Leid eine empathische Erregung ausgelöst werden, deren Intensität von der Notlage des Opfers abhänge, erklären die Psychologin Rowenia Bender und die Kriminologin Kristin Weber vom Zentrum für Kriminologische Forschung der Technischen Universität Chemnitz. Das Helfen beziehungsweise Intervenieren stelle dann eine Möglichkeit dar, diese Erregung zu reduzieren.

Studien zeigten zudem, dass neben Empathie auch ein starkes Bedürfnis nach sozialer Gerechtigkeit und «eine hohe Moralsensibilität» Auslöser für ein Eingreifen in gefährlichen Notlagen seien. Zudem neigten Menschen dazu, eher jenen zu helfen, die sie als Teil ihrer eigenen Gruppe wahrnehmen, als Menschen, die sie einer vermeintlichen Fremdgruppe zuordnen.

Dank für Helfer in Mannheim

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) hatte dem pakistanisch-stämmigen Taxifahrer, der am Rosenmontag in Mannheim den flüchtigen Fahrer gestoppt haben soll, gedankt und seinen Mut gelobt. Er sei dem Täter hinterhergefahren und habe dessen Fahrzeug blockiert, um weiteren Schaden abzuwenden. Ein Video des Zusammentreffens von Specht und dem Taxifahrer finden Sie hier. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und die Mannheimer Staatsanwaltschaft erklärten, der Taxifahrer habe nach aktueller Sachlage dazu beigetragen, «den Tatverdächtigen an der Fortführung der Fahrt zu hindern».

Die Ermittler sind überzeugt, dass der 40-jährige Deutsche aus Ludwigshafen, der am Steuer des Tatfahrzeugs saß, mit seinem Wagen absichtlich mit hoher Geschwindigkeit auf Menschen zufuhr. Eine 83-jährige Frau und ein 54-jähriger Mann kamen ums Leben. Elf Menschen wurden verletzt.

Auszeichnungen und Lob für zugewanderte Helfer

Lob von Politikern für couragiertes Eingreifen von Menschen mit Migrationshintergrund gab es zuletzt unter anderem auch in Nordrhein-Westfalen, wo Innenminister Herbert Reul (CDU) Augenzeugen gedankt hatte, die in einem Bus in Siegen den Messerangriff einer polizeibekannten 32-jährigen Deutschen gestoppt hatten. In Würzburg stellte sich im Juni 2021 der Kurde und iranische Staatsbürger Chia Rabiei einem jungen Somalier in den Weg, der wahllos auf Menschen einstach und drei tötete. Er verhinderte damit weitere Opfer und erhielt mehrere Auszeichnungen für Zivilcourage.

Es kann Nachahmungseffekte geben

Die bisherigen Ermittlungen zum Tatmotiv des Mannheimer Todesfahrers haben Hinweise auf psychische Vorerkrankungen ergeben. Ob vorherige Taten in Magdeburg und München, wo ein Mann aus Saudi-Arabien beziehungsweise ein Mann aus Afghanistan jeweils mit einem Auto Passanten getötet hatten, hier eine Rolle gespielt haben könnten, ist noch nicht bekannt.

«Nachahmungseffekte können bei medienwirksamen Straftaten wie Amok oder auch Anschlägen durchaus eine Rolle spielen», erklären die Forscherinnen aus Chemnitz. Zu den mitunter komplexen Faktoren, durch die Täter zur Nachahmung «getriggert oder inspiriert werden», zählten unter anderem die Steigerung der eigenen Bedeutung, das Überwinden oder Befriedigen von Gefühlen wie Wut und Unzufriedenheit und eine mögliche Identifikation mit dem Täter oder mit dessen Ideologie.

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