Mi., 26.11.2025 , 16:41 Uhr

Theater und Orchester der Stadt Heidelberg

Theaterpreis DER FAUST für Heidelberger "Nora"-Inszenierung: Interview mit Intendant Holger Schultze

Das Theater und Orchester Heidelberg kann in seiner aktuellen Spielzeit einen außergewöhnlichen Erfolg verbuchen: Regisseurin Jana Vetten wurde am 16. November mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST für ihre Heidelberger Inszenierung von Nora ausgezeichnet – eine der renommiertesten Ehrungen, die die deutsche Bühnenlandschaft zu vergeben hat.

Der Preis würdigt zwar die künstlerische Leistung der jungen Regisseurin, ist aber zugleich ein Signal für die Qualität der Rahmenbedingungen am Heidelberger Haus. Denn ein mittelgroßes Theater, das sich bundesweit gegen Häuser in Berlin, Stuttgart oder München durchsetzt, unterstreicht seine künstlerische Schlagkraft eindrucksvoll.

Im RNF-Interview ordnet Intendant Holger Schultze den Erfolg ein – in einer Spielzeit, die zugleich seine letzte an der Spitze des Hauses ist. Der Preis sei „eine große Auszeichnung für die Regisseurin, das Ensemble und das gesamte Theater“, sagt Schultze. Vetten habe mit einer gegenwärtigen, emotional kraftvollen Neulesart des Ibsen-Klassikers überzeugt – entwickelt aus Collagen, Fremdtexten und einer präzisen Schauspielerführung. Das Ergebnis sei eine dramaturgisch überraschende wie zeitgemäße Interpretation des Stoffes.

Für das Haus reiht sich die Auszeichnung ein in eine Phase kontinuierlicher Erfolge: sechs Nominierungen beim Faust, Einladungen zu den Berliner Autorentheatertagen, Auszeichnungen in Mülheim. „Viel mehr kann man sich im Moment kaum wünschen“, so Schultze. Preise gehörten – neben Publikumszuspruch und Kritiken – zu den sichtbarsten Indikatoren künstlerischer Qualität.

Parallel dazu wurde das Theater in einer aktuellen theaterwissenschaftlichen Untersuchung als außergewöhnlich resilient, publikumsnah und strukturell erfolgreich beschrieben. Die Studie, eine Doktorarbeit in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Bühnenverein, vergleicht über 130 Theater bundesweit. Heidelberg ist eines der wenigen Häuser, das seit der Pandemie nicht nur kein Publikum verloren, sondern hinzugewonnen hat – insbesondere viele junge Zuschauerinnen und Zuschauer. Die Analyse bestätigt damit, was sich bereits in Auslastung, Vernetzung und künstlerischem Output zeigt.

Für Schultze ist das Zusammenspiel entscheidend: starke künstlerische Produktionen, gute Marketingarbeit, vielfältige Publikumsansprache und eine breite Präsenz in der Stadt. Das Theater sei ein Ort für viele Zielgruppen – und diese Offenheit zahle sich aus.

Gleichzeitig warnt Schultze vor den Risiken, die aus Sparzwängen entstehen können. Trotz bereits erbrachter Einsparungen von 3,5 Millionen Euro sei es „das unintelligenteste, ein erfolgreiches Theater kaputtzusparen“. Kultur dürfe nicht gegen Soziales oder Sport ausgespielt werden – ein Miteinander sei Teil einer lebenswerten Stadtgesellschaft. Theater sei, das betont er, nicht nur kulturell, sondern auch demokratisch und wirtschaftlich von Bedeutung.

Mit Blick auf die Zukunft freut sich Schultze besonders auf die Rückkehr von Jana Vetten: Ihre nächste Produktion, eine Bearbeitung mit dem Titel „We Are Family“, entsteht bereits – getragen vom Rückenwind des FAUST-Preises.

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