Sinsheim. Nach wochenlangen Turbulenzen in der Vereinsführung der TSG 1899 Hoffenheim soll laut Geschäftsführer Andreas Schicker der Fokus nun «zu 100 Prozent auf den Fußball» gerichtet werden. Die Erfolgsserie der Bundesliga-Profis spielt dem Österreicher dabei in die Karten. Doch ein Kernproblem bleibt.
Die Kraichgauer bauten mit dem 3:0 gegen den FC Augsburg ihre Serie auf sechs ungeschlagene Spiele (ein Remis, fünf Siege) aus und sind in dieser starken Form ein Europacup-Kandidat. Vor 20.218 Zuschauern im Sinsheimer Stadion trafen Youngster Bazoumana Touré (16. Minute) und Wouter Burger (26.) zunächst für die TSG. Dazu kam ein Eigentor von Cedric Zesiger (45.).
«Das war nah an dem, was wir uns vorstellen können», sagte Trainer Christian Ilzer über den «begeisternden Auftritt» in der ersten Halbzeit. «Wir haben gerade einen Lauf, den haben wir nicht geschenkt bekommen, das ist hart erarbeitet. Die Jungs sind heiß, die geben alles, die Basics stimmen, darüber hinaus kommen wir auch dann über unsere Qualität», bilanzierte Mittelfeldspieler Grischa Prömel im Sky-Interview. «Jeder hat gemerkt, dass die TSG ein neues Gesicht hat, die TSG für Intensität steht.»
So darf sich das Ilzer-Team auf ein Spitzenspiel am kommenden Sonntag bei Borussia Dortmund freuen. Vor der Winterpause geht es dann noch gegen den Hamburger SV und zum VfB Stuttgart. «Die Mannschaft hat in den letzten Wochen brutal performt. Wir haben heute den siebten Sieg eingefahren, so viel wie die ganze letzte Saison. Das zeigt, wie wir unterwegs sind», sagte Schicker. Das macht ihn und Ilzer zu Recht «stolz». Das Duo hat den Umbruch nach einer verkorksten vergangenen Saison erfolgreich geschafft.
Der 39-jährige Schicker stand kürzlich schon vor einem Wechsel zum VfL Wolfsburg, ehe er sich doch fürs Bleiben entschied. Er war in den vergangenen vier unruhigen Wochen abgetaucht, jetzt äußerte er sich wieder und hofft, «dass diese Themen nicht mehr aufkommen, dass wir Ruhe reinkriegen».
Die Fans freilich setzten auch am zwölften Spieltag ihre Proteste gegen Spielerberater Roger Wittmann fort, den engen Vertrauten von Mäzen Dietmar Hopp. Bei der Entscheidung, Schicker nicht aus einem bis 2029 laufenden Vertrag zu entlassen, hatten sich die Vereinsvertreter als Mehrheitsgesellschafter durchgesetzt. Die Auseinandersetzung mit Wittmann läuft längst auch über Gerichte.
Nach der Trennung von zwei weiteren Geschäftsführern geht Schicker, der nur noch Tim Jost neben sich hat, gestärkt aus dem Machtkampf hervor. Der Umgang mit Wittmann, der unter anderem die Offensivasse Fisnik Asllani und Tim Lemperle berät, und die Rolle Hopps bleiben ein großes Thema.
Hoffenheim wird jedenfalls nicht gegen das Gerichtsurteil im Streit mit Wittmann vorgehen. Dies sagte Schicker in der TV-Sendung «Doppelpass» von Sport1: «Das hat für viel Unruhe gesorgt. Fakt ist jetzt auch, dass wir nicht in Berufung gehen, sondern das Thema hinter uns lassen.»
Die TSG hatte gegen Wittmann sowie einen weiteren Spielerberater der Agentur Rogon ein Stadion- und Hausverbot für die Sinsheimer Arena erlassen. Das Landgericht urteilte daraufhin im September, dass die Stadionverbote und die Einschränkungen beim Logen-Besuch unzulässig seien. Das Zutrittsverbot für das Trainingszentrum in Zuzenhausen blieb jedoch bestehen.
«Am Ende ist es so, dass der Roger Wittmann über Rogon einige Spieler bei uns hat, sehr, sehr gute Spieler», erklärte Schicker. Es sei klar, «dass der gleiche Kontakt wie bei anderen Beratern da ist.»
Wie es in der Vereinsführung nach dem Rücktritt von Präsident Jörg Albrecht weitergeht und welche Rolle Hopp künftig spielt, darüber soll die Mitgliederversammlung im nächsten Jahr Aufschlüsse geben. Schicker wäre jedenfalls «sehr froh, wenn die Journalistenfragen aufhören», beziehungsweise nur noch in «Richtung Sport gehen».
Die TSG-Anhänger feierten nach dem Augsburg-Spiel natürlich auch überschwänglich ihre Mannschaft, allen voran Oliver Baumann.
Der Nationaltorhüter und TSG-Kapitän wurde nachträglich für sein 500. Bundesliga-Spiel geehrt und von den Fans in ihre Mitte gerufen. «Der Weg, den wir eingeschlagen haben, ist gerade sehr gut. Da dürfen wir gerne drauf bleiben», sagte Baumann. Er bedankte sich später vor dem Stadion noch mit 500 Litern Freibier und Autogrammstunden. (dpa/fw)